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Diskussionsbeitrag:
Welche Rolle spielt
der Kreationismus in
unserer Gesellschaft?
Eine Replik auf Henrik Ullrichs Kommentar bei Jesus.de
Henrik Ullrich von der Studiengemeinschaft Wort
& Wissen hat auf einen Kommentar meinerseits zu einem Artikel bei
Jesus.de ausführlich geantwortet, seine
Einlassungen sind jedoch zum größten Teil sachlich falsch, so
dass es einer Richtigstellung bedarf (Ullrichs kompletter Text im Zusammenhag
ist unter den Kommentaren der angegeben URL zu finden.
Ullrichs Texte (HU) sind in schwarzer
Farbe, was er von mir (AB) zitiert ist
braun, meine aktuelle Antwort ist
blau gehalten.
HU: Ich halte es beim Verlauf der Diskussion für wichtig, daß
man auf den Originalton derer hört und schaut, die auf der Anklagebank
sitzen. Herr Beyer hat in seinem Beitrag ähnlich wie die Kommission
der EU auf zahlreiche Vergehen der \"Kreationisten\" hingewiesen. Als Mitglied
und Vorsitzender der im deutschen Sprachraum stärksten evolutionskritischen
Vereinigung \"Wort und Wissen\" möchte ich kurz darauf reagieren.
AB: Zurecht weist Ullrich darauf hin, dass sich
unter dem Dach des "Kreationismus" (also der Überzeugung, dass die Welt
im allgemeinen und die Lebewesen dieser Erde im besonderen durch direkten
Eingriff übernatürlicher Mächte erschaffen worden sind) ganz
unterschiedliche Vorstellungen tummeln, selbst im christlichen Lager besteht
keinerlei Einigkeit über die Art der Schöpfungsakte, über
die Frage, ob denn nun biologische Spezies oder vielmehr "Grundtypen" erschaffen
wurden sowie über die Länge der geologischen Zeitskala. Allein
dies ist nun schon sehr seltsam, berufen sich doch alle Christen auf dieselbe
Offenbarung, unsere Bibel. Insofern muss man genau hinschauen, wen man kritisiert
- z.B. Wort und Wissen kollidiert mit dem dort vertretenen Kurzzeit-Kreationismus
nicht nur mit der Biologie, sonder auch mit der Geologie, der Kosmologie,
der Astronomie, Teilen der Physik sowie wichtigen Teilen der Anthropologie
und der Linguistik.
AB: "Die Gefahr geht (von) gewissen
Aktivitäten fundamentalistisch-evangelikaler Kreise aus, nicht von deren
Glauben."
HU: Was ist daran gefährlich, zu erklären
(siehe Pressemeldung der SG Wort und Wissen!), daß die Evolutionstheorie
zu Recht in den Biologieunterricht gehört, die Schöpfungslehre
in den Religionsunterricht, die kritischen wissenschaftlich begründeten
Anfragen an die ET aber auch im Biologieunterricht thematisiert werden sollten?
Politischer und ideologischer Missbrauch wissenschaftlicher Themen ist
tatsächlich die eigentliche Gefahr.
AB: Hier ist Herrn Ullrich grundsätzlich
zuzustimmen, aber was will er denn tun, wenn Astrologen, Pendler, Wahrsager,
Vertreter der Feinstoff-Lehre, Flachweltler, Quanten- und
Relativitätskritiker sowie andere Esoteriker im Unterricht vertreten
sein wollen, wenn sie einen ihnen genehmen, weltanschaulichen Unterricht
als "sinnvolle Ergänzung" zu und "kritische Anfragen" an den
"dogmatisch-naturwissenschaftlichen Unterricht" fordern? Das kann nur in
einem schrillen Getöse widerstreitender Meinungen untergehen, von denen
die meisten nicht belegt (oder sogar widerlegt) sind.
AB: "
denn GENAU das ist das erklärte
Ziel kreationistischer Aktivisten"
HU: Gehört Adam und Eva in den
Biologieunterricht? Als kreationsitischer Aktivist sage ich: Nein! Hier hat
der Religionslehrer seine Aufgabe. Was aber Adam und Eva mit Biologie zu
tun haben könnten, ist eine Herausforderung für einen
fächerübergreifenden Unterricht, den es leider in Deutschland noch
nicht gibt.
AB: Hier bekennt sich Herr Ullrich zur Trennung
zwischen Naturwissenschaft und Religion und lehnt damit anscheinend eine
Vermischung von Lehrinhalten (wie sie von vielen anderen Kreationisten ja
gefordert wird) ab - nur um dieses Prinzip im selben Atemzug wieder in Frage
zu stellen: Wie soll denn so ein fächerübergreifender Unterricht
aussehen, was soll den Schülern denn dort beigebracht werden? Es kann
doch nichts anderes sein als dass sich über diesen Umweg religiös
motivierte Evolutionskritik in den Biologie-Unterricht hineinschleicht und
die mithilfe wissenschaftlicher Prinzipien gewonnenen Erkenntnisse wieder
negiert. Ein solches Vorgehen erinnert an die Unterwanderungsstrategien in
den USA, wo auf Biologielehrbüchern ein "Warnhinweis" angebracht wurde:
"This textbook contains material on evolution. Evolution is a theory, not
a fact." Wenn man dies zulassen wollte, könnte man genauso gut zurück
fragen: Warum sollte man dann nicht auch den Religionsunterricht "ergänzen"
indem man mittels wissenschaftstheoretischer Überlegungen die Existenz
Gottes radikal infrage stellt?
Ist es ethisch vertretbar, dass unseren Kindern Dinge
gelehrt werden, die sachlich falsch sind, auf jeden Fall aber unvereinbar
mit allem, was wir an naturwissenschaftlichen Erkenntnissen besitzen? Ganz
sicher nicht. Allzu gerne begründen Kreationisten ihre Vorstöße
gegen die Wissenschaft mir ihrer Glaubensfreiheit - die ist aber bestenfalls
die Ursache ihres Vorgehens, aber mitnichten dessen sachliche
Rechtfertigung.
AB: "Oh nein, nicht der Bibel, sondern NUR und
AUSSCHLIEßLICH die fundamentalistisch-evangelikale Schriftinterpretation
"
HU: Wie kann ich die Glaubwürdigkeit
der Bibel, den klaren von ihr bezeugten Zusammenhang zwischen Heilsgeschichte
und Naturgeschichte erhalten, wenn ich ihre historischen Berichte in das
Reich der Legenden und Mythen verschiebe? Ich möchte die Bibel so wahr
und ernst nehmen wie es Jesus Christus selber bezeugt, gelehrt und vorgelebt
hat. Oder hat er doch nicht alles richtig gewusst, weil die Wissenschaft
damals noch nicht so weit war wie heute?
AB: Dieses Problem
ist allein das der Kreationisten und nicht das der empirischen Wissenschaft.
Wer über das spekulieren mag, was Jesus wusste und was nicht, kann dies
selbstverständlich tun, privat oder öffentlich. Diese Überlegung
aber als Grundlage einer fundamentalen Kritik an den Evolutionswissenschaften
zu machen ist schlicht absurd: Man kann doch nicht ernsthaft an
naturwissenschaftlich gesicherten Fakten rütteln, nur weil es nicht
ins Weltbild passt. Aber um eine Antwort nicht schuldig zu bleiben (obwohl
sie sicherlich nicht in den Kontext der Evolutionstheorie als
naturwissenschaftliche Disziplin gehört): Die Replik eines moderner
Theologe wird z.B. sein: Die Bibel drückt ihre Botschaft im Kontext
und der Sprache der jeweiligen Entstehungszeit der einzelnen Texte aus. Es
ist Aufgabe der Theologie, dies in unsere heutige Sprache zu
übersetzen."
AB: "Lügen
werden nicht durch Wiederholung zur Wahrheit, Fehler nicht durch Wiederholung
richtig. Wer in ECHTEN, wissenschaftlichen Literaturdiensten
recherchiert,
wird KEINE EINZIGE kreationistische Publikation finden. Vor Gericht sah sich
übrigens M.Behe gezwungen, UNTER EID zuzugeben, dass es keine
wissenschaftliche Publikation gibt, die Intelligent Design
stützt."
HU: Nicht der Titel eines Journals, die Zusammensetzung eines
Review-Gremiums macht die Qualität einer wissenschaftlichen Publikation
aus sondern dokumentiert nur deren Wertschätzung durch die etablierten
wissenschaftlichen Instanzen. Seit mehr als 20 Jahren publiziert \"Wort und
Wissen\" wissenschaftliche Monographien, bringt ein eigenes wissenschaftliches
Journal heraus mit hunderten von Artikeln.
AB: ... die sich allesamt einer unabhängigen
Überprüfung durch Fachleute entziehen. Wort und Wissen bringt ein
Magazin heraus, das aussieht wie ein wissenschaftliches Journal,
tatsächlich aber eine Publikationsplattform deutscher / deutschsprachiger
Kreationisten darstellt. Derartige Magazine gibt es auch von Astrologen und
vielen anderen Esoterikern. Eine unabhängige Überprüfung im
Sinne eines peer review findet bei alldem nicht statt. Ullrichs Darstellung,
besagter peer review Prozess 'dokumentiere nur die Wertschätzung durch
die etablierten wissenschaftlichen Instanzen' ist, vorsichtig ausgedrückt,
abenteuerlich. Wenn dem so wäre, wie konnten sich dann
Relativitätstheorie, Quantentheorie, Evolutionstheorie, neutrale
Evolutionstheorie, Urknalltheorie, Impakttheorie etc. durchsetzen? Würden
Kreationisten tatsächlich unter peer review Standard publizieren, dann
wüssten sie, welche Regeln gelten. Sicher, alle Beteiligten (und damit
auch die Gutachter) sind nur Menschen, und immer mal wieder kommt es vor,
dass wichtige Arbeiten (zunächst einmal) abgelehnt werden oder dass
Arbeiten minderer Qualität oder sogar Fälschungen unerkannt
"durchrutschen". Das aber ändert nichts an der Tatsache, dass sich das
System bestens bewährt hat, wie Sie doch hoffentlich nicht bestreiten
wollen, da Sie schließlich mit Internet, Telekommunikation, PC,
Elektrotechnik etc. die Früchte genau dieses Systems
genießen.
AB: "Jeder, der
belastbare Daten vorzuweisen hat, kann dort publizieren. Was die
Diskussionsbereitschaft anbelangt, da habe ich im übrigen meine eigenen
Erfahrungen gemacht (s.u.)."
HU: Es darf nicht vergessen werden, daß 1. es in Deutschland
und Amerika das Ende der wissenschaftlichen Karriere bedeutet, wenn man sich
durch eine wissenschaftliche Publikation zu "ID" oder der Schöpfung
bekannt hat (lesen sie bitte wie mit Prof. Dr. Siegfried Scherer u.a. auch
von Herrn Beyer umgegangen wird)...
AB: Was falsch ist, wird durch ewige Wiederholung
nicht richtiger. Die kreationistischen Aktivitäten haben den Professoren
Imming, Scherer und Gitt sowie Herrn Ullrich ganz offensichtlich nicht geschadet
- was allerdings auch daran liegt, dass Pharmakologe Imming keine Feinstoffchemie
betreibt, Mikrobiologe Scherer nichts von vis vitalis faselt, Informatiker
Gitt nichts von Geist-Seele Dualismus der Informationsübertragung, Mediziner
Ullrich nichts von den 4 Körpersäften und den 7 Würmern: In
ihren jeweiligen Fachgebieten halten sie sich bemerkenswerterweise streng
an genau diejenigen Regeln, die sie als Wort & Wissen bekämpfen.
Aber mehr noch: Neben ihrem wissenschaftlichen Tätigkeitsfeld konnten
und können sich alle ganz offenbar ein umfangreiches, kreationistisches
Engagement leisten, ohne dass es ihnen zum Nachteil gereicht.
Was meinen "Umgang" mit Herrn Scherer anbelangt, so
verweise ich auf meine Analysen von seinen Texten. Ich habe nichts weiter
getan als aufzuzeigen, wo Herr Scherer falsch lag und wo er unredlich
argumentiert und habe dabei Ross und Reiter benannt. Sollte ich ihm in der
Sache unrecht getan haben, möge man mir das bitte nachweisen und ich
werde meine Sichtweise korrigieren. Also möge Herr Scherer oder Herr
Ullrich bitte meine Analysen nachlesen (insbesondere [2] und [5]) und mir
dann inhaltlich sagen, wo ich daneben liege.
HU: ... und 2. es kein Verleger oder Herausgeber der führenden
Journale es wagen würde, solche Publikationen zu bringen. Auf der Homepage
von Wort und Wissen und bei Genesisnet findet man dazu einige gut dokumentierte
Beispiele.
AB: Hinter dieser Behauptung verbirgt sich Taktik:
Selbstverständlich sind vorgeblich übernatürliche Phänomene
nicht publikationsfähig - außer sie ließen sich reproduzieren
oder zumindest zweifelsfrei dokumentieren, was aber bekanntlich noch niemandem
gelungen ist. Mit dieser Behauptung, wie sie hier vorgebracht wird, machen
sich Kreationisten gerne zum Opfer, denn wer wie sie seine religiöse
Überzeugung ganz offen in die Wissenschaft eintragen will, der kann
logischerweise davon ausgehen, dass er Ablehnung erfährt. Also kann
der Kreationist diese von ihm selbst durch methodische Grenzüberschreitung
verursachte und provozierte Ablehnung auf die "Intoleranz der dogmatischen
Wissenschaft" schieben.
Nach Ullrichs Darstellung es ist Wort und Wissen also
ernst mit der Wissenschaft. Dann möge er uns bitte die Laboratorien
von Wort und Wissen zeigen und den Gerätepark nebst Methodenspektrum
offen legen. Wie werden bei Wort & Wissen Altersbestimmungen
durchgeführt? Welche Fossilien haben W&W-Mitarbeiter untersucht
und mit welchen Methoden? Wie viele Arbeitsgruppen in wie vielen Laboratorien
gibt es dort, wie viele Promotionen, Diplom- und Masterarbeiten werden in
den Bereichen Evolutionstheorie, Geologie und Kosmologie jedes Jahr
angefertigt?
Wenn W&W wirklich Wissenschaft betreiben wollte,
würde man die durchaus reichlichen Fördermittel nicht verwenden,
um Propagandamaterial für Kinder bzw. Schüler zu produzieren, sondern
stattdessen Wissenschaftler einstellen und reale Forschung betreiben. Eine
in diesem Kontext immer wieder vorgebrachte Behauptung, dass nämlich
die Publikation evolutionskritischer Fakten unterbunden würde, ist schlicht
unwahr - man könnte durchaus wie folgt vorgehen:
-
Im Erfolgsfall kann man problemlos eine hochrangige
Publikation unterbringen "Die Analyse von 6.783 genomischen Fragmenten und
83.475 SNPs ergibt klare Hinweise auf eine extrem kleine, menschliche
Gründerpopulation." - ohne dass dabei die Begriffe "Gott" oder
"Schöpfung" ein einziges Mal erwähnt werden.
Nun sind aber wissenschaftliche Veröffentlichungen,
deren Ergebnis sich derart in Richtung Schöpfung ausdeuten lassen, extrem
selten. Warum ist das so? Warum schafft es niemand, fundierte
"pro-Genesis-Fakten" vorzulegen und neutral zu publizieren? Warum findet
eine derartige Forschung auf der Basis von Genesis-abgeleiteten Hypothesen
erst gar nicht statt? Warum werden Publikationsversuche nur in kreationistischer
(bzw. ID-) Literatur unternommen, so wie z.B. durch M.Behe in seinen
Büchern, warum versucht er nicht, seine "Erkenntnisse" auf genau dem
hier skizzierten Weg in wissenschaftlichen Journalen unter zu bringen?
Die Antwort ist simpel: Weil es derartige Fakten nicht
gibt. Im Gegenteil, allein die Existenz konservierter, balancierter
Polymorphismen mit weit mehr als 4 Allelen (= ur-Allelbestand bei Adam &
Eva) zwischen Mensch und Menschenaffen ist ein knockout für den biblischen
Schöpfungsmythos - um nur ein einziges Beispiel zu nennen.
AB: "Ich möchte aber auch nicht in einer
Gesellschaft leben, in der weltanschaulich-dogmaische Gruppen es schaffen,
ihnen genehme Lehrinhalte in die Schulen zu tragen. Apropos Toleranz: Hat
schon jemand einmal gehört, dass Evolutionsbiologen verlangt hätten,
die Evolutionstheorie müsse aber auch in Kirchen gelehrt werden?"
HU: Ich möchte in keiner Gesellschaft leben, in der sich von
Menschen gemachte Wissenschaft die Hybris heraus nimmt zu entscheiden, was
Gott kann und was nicht, was wahr ist und was nicht oder welche Form des
Glaubens den Segen der Wissenschaft erhalten kann. Unser wissenschaftliches
Wissen bleibt vorläufig und vergänglich, Gott und sein Wort hingegen
nicht!
AB: Und ich möchte nicht in einer Gesellschaft
leben, in der eine kleine, fundamentalistische Gruppe dem Rest der Welt -
Gläubigen sowie nicht-Gläubigen - vorschreiben will, was der richtige,
was der falsche Glaube ist und wie die religiösen Schriften zu
interpretieren sind. Dann sind wir nicht mehr weit von einer absolutistisch
agierenden, mittelalterlichen Kirche entfernt. Was die Hybris anbelangt,
so obliegen Ullrich einem Irrtum: Die Wissenschaft schreibt Gott gar nichts
vor, sie kann und will ihn (oder sie) nicht zum Thema ihrer Forschung machen.
Es muss aber doch wohl erlaubt sein zu sagen: Nein, hinter Tag & Nacht,
Sonne & Mond, den Gezeiten und einem Gewitter stehen keine Gottheiten,
sondern physikalische Prozesse, die wir mittlerweile recht gut verstehen.
Und genauso muss es möglich sein zu sagen: Nein, hinter dem Leben und
dessen Entwicklung stehen keine Gottheiten, sondern biologische Phänomene,
die wir mittlerweile recht gut verstehen.
Schroff lehne ich persönlich die fundamentalistische
Haltung mancher aus den Reihen der "neuen Atheisten" ab, die den Geltungsbereich
der empirischen Wissenschaft m.E. vollkommen unberechtigt auf alles und jedes
ausdehnen wollen - aber auch diese Diskussion führt hier zu weit und
ist außerdem kein Thema für eine evolutionsbiologische
Debatte.
AB: "Auch dies ist schlichtweg falsch: Die
Evolutionstheorie (ET) ist prüfbar, weil sie Voraussagen macht (z.B.:
Synapomorhpien müssen auf ihr eigenes Taxon beschränkt bleiben!
Beispiel: Zeige mir EINE Palme mit Vogel-typischen Federn oder EINEN Tintenfisch
mit Wirbeltier-typischen Knochen, und die ET ist in größter
Bedrängnis). Die ET hat tausende solcher Prüfungen bestanden, aus
dem Kreationismus hingegen sind nur extrem wenige Aussagen ableitbar - und
die passen nicht zu den Beobachtungsdaten, er ist also schlüssig
widerlegt."
HU: Im Buch \"Evolution - Ein kritisches Lehrbuch\" findet der aufmerksame
Leser nicht nur einzelne formale Fehler. Es ist die einzige Quelle zum Thema
in der systematisch alle Befunde die für und gegen Evolution sprechen,
aufgeführt werden. Und deshalb wird es so verachtet und lächerlich
gemacht!
AB: Bleiben wir bei den Tatsachen: Das, was
an Evolutionskritik im "Lehr"buch steht, kann aus verschiedenen Gründen
keiner näheren Begutachtung stand halten. Darauf haben wir in etlichen
Schriften hingewiesen und zahlreiche Beispiele präsentiert, neben meinen
Texten sei hier nur auf [6] und [7] verwiesen.
AB: ">Die Bibel hat recht<
Als Christ sage ich, dass derlei grobe und (vorsichtig
gesagt) unintellektuelle Äußerungen der Sache unseres Glaubens
großen Schaden zufügen können."
HU: Also sagen wir: \"die Bibel hat nicht recht!\", damit wir "sanft"
, "intellektuell" wirken und unserem "Glauben" keinem Schaden zufügen.
Man sollte sich diese Alternative genau durch denken!
AB: Hier interpretiert Ullrich etwas in meine
Worte hinein, was nicht drin steckt. Erstens liegt zwischen "Recht haben"
und "Unrecht haben" ein Kontinuum; zweitens kann eine Geschichte - z.B. eine
Fabel - im Sachverhalt erdichtet, in der Aussage aber wahr sein - mit anderen
Worten, jede Geschichte, jede Erzählung muss interpretiert werden.
Außerdem sollte Ullich doch klar sein, dass die Zielrichtung meiner
Kritik eine ganz andere war: es ist fatal, wenn Menschen mit dem schlichten
Hinweis auf Offenbarungstexte ("Die Bibel hat Recht!" / "Der Koran hat Recht!")
jeden Sachverhalt, der ihnen nicht ins Weltbild passt, unbesehen vom Tisch
fegen.
Menschen, die sich in Anfällen religiösen
Wahns die Augen ausstechen oder mit Klapperschlangen tanzen, weil es so in
der Bibel steht; Menschen, die mit Verweis auf die Bibel, um ungeborenes
Leben (!) zu schützen (!), Abtreibungsärzte ermorden, richten an
sich selbst, an anderen und am christlichen Glauben großen Schaden
an. Menschen, die alle Andersgläubigen und Atheisten offen verachten,
"weil die Bibel ja Recht hat", schaden ihrem eigenen Glauben. Menschen, die
Mitchristen verachten, wenn diese nicht das eigene, fundamentalistisch
geprägte Schriftverständnis teilen, schaden dem christlichen Glauben.
Und Menschen, die aus ihrer Schriftinterpretation ein wissenschaftliches
Weltbild abzuleiten versuchen und dieses dann mit blanker mentaler Gewalt
an die Wirklichkeit anpassen wollen, haben das Potenzial, dem eigenen Glauben,
der demokratischen und pluralistischen Gesellschaft und dem Bildungswesen
ganz erheblich zu schaden.
AB: "Ganz sicher keine WISSENSCHFTLICH FUNDIERTEN
Vorträge. Ich bin sicher, dass nicht diskutiert wurde, ob maximum parsimony
oder neighbor joinig der passendere algorithmus für Sequenzdendrogramme
ist, oder ob Phalangen 2&3 oder 3&4 in der Evolution der Vögel
von den Theropoden zu den Schwingen verwachen sind und inwieweit sich dies
in hox-Genclustern widerspiegelt. Derlei Vorträge wie die von Frau Klemm
erwähnten werden von Leuten gehalten (oft sogar promovierten), die bei
näherem Hinsehen keinerlei wissenschaftliche Erfahrung, Expertise,
Publikationen im Bereich Evolution vorzuweisen haben."
HU: Wer Kontakt aufnimmt mit Teilnehmern unserer wissenschaftlichen
Fachtagungen in der Biologie, Geologie, Physik, Kosmologie ... wird schnell
merken, wie oberflächlich solche pauschalen Disqualifizierungen sind.
Übrigens gibt es demnächst eine Publikation zur Fragestellung der
evolutionären Herleitung des Vögelflügels aus der Hand von
theropoden Dinos, nein nicht bei Nature sondern im Studium Integrale Journal
von Wort und Wissen, aber trotzdem lesenswert!
AB: Wenn es so gut und lesenswert ist, warum
publiziert Herr Ullrich es nicht in einem evolutionsbiologischen Journal?
Wenn er tatsächlich gute, eigene Daten hat (und nicht nur Befunde aus
fremden Publikationen zusammensuchen, mit dem einzigen Ziel, möglichst
viel zu finden, was widersprüchlich erscheint), dann können diese
Ergebnisse hochrangig publiziert werden. Durchaus kann man dabei dann zu
dem Schluss kommen, dass 'die Ableitung der Vogelflügel aus der vorderen
Theropodenextremität z.Zt. nicht möglich bzw. rätselhaft sei',
wenn die Daten dies hergeben - das wird Ihnen kein Gutachter übel nehmen.
Also möchte ich Sie ermutigen, Ihre eigenen Untersuchungsergebnisse
an Vogelembryonen sowie an Fossilien der wissenschaftlichen Öffentlichkeit
zu präsentieren. Man muss lediglich beachten, dass die Worte "Gott"
und "Schöpfung" nicht auftauchen, das kann dann später bei der
Besprechung der Publikation auf der Internetseite von W&W erfolgen.
AB: "Jederzeit bin ich bereit, mich Prof. Scherer,
Dr. Lönnig oder Dr. Junker zustellen.
Dieses Angebot ist in 10
Jahren schon einige Male von Schulen oder Kirchengemeinden angenommen worden,
von Kreationisten und fundamentalistisch-evangelikalen NICHT EIN EINZIGES
MAL. Das gibt doch zu denken, oder?"
AB: Wegen dieser Äußerung bin ich
in einem Internetforum massiv angegangen und verunglimpft worden (da besagte
Kommentare mittlerweile getilgt sind, will ich keine Namen nennen, um weitere
Eskalation zu vermeiden). Allerdings gestatte ich mir eine nähere
Erläuterung des Sachverhalts:
Genau zweimal habe ich bisher mit kreationistischen
Aktivisten diskutiert, einer war Dr. R. Junker, der andere Dr. G. Speck.
Die erste Einladung war erfolgt von der ev. Akademie Rheinland, die ganz
sicher nicht evangelikal, fundamentalistisch oder kreationistisch ist. Die
zweite Einladung erfolgte von Seiten einer freikirchlichen Gemeinde, deren
Pfarrer Kreationismuskritiker ist. Ganz offensichtlich war man dort sowohl
der "atheistischen Evolutionstheorie" als auch dem "6-Tage Kreationismus"
gegenüber kritisch-distanziert eingestellt und erhoffte sich
Klärung.
In den 1990er Jahren gab es an der Uni Dortmund die
studentischen "rEVOLTUIONären Denker", die W&W Mitarbeiter zu einer
Vortragsreihe eingeladen hatten. Drei (darunter Gitt und Kutzelnigg) hatte
ich persönlich zu einem Streitgespräch heraus gefordert, sie haben
gekniffen. Wie Sie wissen, hat sich Prof. Scherer mit Prof. Gutmann disputiert,
im Vorfeld war bei der Evolutionsbiologen-AG um einen Diskutanten angefragt
worden. Ich habe mich zur Verfügung gestellt und Prof. Scherer kontaktiert,
ich war ihm noch nicht einmal eine Antwort wert. Ein Angebot ist ebenfalls
an die Uni Witten an Prof. Zänker gegangen, der hatte Lönnig zu
einem ID-Vortrag eingeladen. Das Angebot wurde ignoriert. Gesprächs-,
Vortrags-, und Diskussionsangebote habe ich an Verbände evangelischer
Bekenntnisschulen, an die beiden durch die Presse gegangenen Schulen in Hessen,
an zahllose Gemeinden und Verbände gemacht. Dieses Angebot ist von bisher
keiner einzigen kreationischen Organisation angenommen worden.
Um eines klar zu stellen: Diskussionen mit Kreationisten
sind so fruchtlos wie anstrengend, ich reiße mich nicht darum. Aber
wer kritisiert, muss auch Rede und Antwort stehen, dazu bin ich bereit. Und
sollte mich W&W zu einem Vortrag auf eine der Tagungen einladen, werde
ich kommen.
HU: Der Vorsitzende des Verbandes der Evolutionsbiologen schreibt
folgendes: \"Menschliche Größe ist es ja nicht gerade, was in
Sekten/Parteien gefördert wird. Aus diesem Grund sind auch Diskurse
etwa mit Gentechnik Gegnern und den Anhängern des \"Intelligent Design\"
Zeitverschwendung ... wer sich nicht überzeugen lassen will(darf?) kann
daher nicht unser Gesprächspartner sein. Unsere Zeit ist zu kostbar\"
(2007, S. 360) Also man sieht, wir sind wirklich willkommen!
AB: Ich verstehe beim besten Willen nicht, was
diese Äußerung soll. Wenn Herr Ullrich Herrn Kutschera kritisieren
will (wobei man über den Kontext dieses Kutschera-Zitats nochmals getrennt
reden müsste!), möge er dies ungeniert tun - aber dann bitte an
seine Adresse, nicht an meine. Ich biete jederzeit Gespräche an, und
keinem einzigen Fragenden - ob Kreationist oder nicht -, der mich angemailt
hat, bin ich eine Antwort schuldig geblieben.
HU: Damit sei genug gesagt zu dem gegenwärtig sehr traurigen
Stil einer eigentlich sehr interessanten Debatte. Deutlich dürfte aber
sein, dass die Vorwürfe nichts mit der Realität bei "Wort und Wissen"
zu tun haben.
AB: Der Stil ist in der Tat sehr traurig; etliche,
gut detailliert analysierte Beispiele finden sich in den unter Literatur
aufgeführten Texten reichlich.
HU: Es grüßt mit Joh.14,6
AB: Es grüßt zurück mit 1 Tim
1,4
Literatur
[1] Neukamm M, Beyer A (2007) "Die Affäre Max Planck. Über die
fragwürdigen Diskursmethoden eines Evolutionsgegners"
in: Ulrich Kutschera (Hg.) "Kreationismus in Deutschland" ISBN 978-3-8258-9684-3
[2] Beyer A (2007) "Was ist Wahrheit? Oder wie Kreationisten Fakten wahrnehmen
und wiedergeben"
in: Ulrich Kutschera (Hg.) "Kreationismus in Deutschland" ISBN 978-3-8258-9684-3
[3] Beyer A (2006) Aufsatz " Wissenschaft im Rahmen eines
Schöpfungsparadigmas? - eine Replik auf ein Positionspapier von "Wort
und Wissen"
http://ag-evolutionsbiologie.de/app/download/3170144502/creationscience.pdf
[4] Beyer A (2005) Filmrezension "Der Fall des Affenmenschen - Die
Evolutionstheorie kann die Herkunft des Menschen nicht erklären"
http://ag-evolutionsbiologie.de/app/download/3170198602/rez-affenmensch.pdf
[5] Beyer A (2004) Buchkritik: "Fehlerhafte Zitate im Lehrbuch von Junker
und Scherer"
Schriften der AG Evolutionsbiologen im VdBiol
http://ag-evolutionsbiologie.de/app/download/3169532002/evozitate1.pdf,
http://ag-evolutionsbiologie.de/app/download/3170152802/evozitate2.pdf
[6] Mahner, M. (1999) R. Junker & S. Scherer: Evolution - ein kritisches
Lehrbuch. Skeptiker 12(4), S. 183.
[7] Neukamm, M. (2005) R. Junker & S. Scherer: Evolution - ein kritisches
Lehrbuch. www.martin-neukamm.de/rezension_junker.html
Autor
dieses Beitrags: A.
Beyer
© AG Evolutionsbiologie
des VdBiol 10.07.07